Job Crafting für mehr Mitarbeiterzufriedenheit

Viele Menschen erleben den Arbeitsalltag als stressig, nervenaufreibend und wenig erfüllend. Doch es gibt Möglichkeiten, den Job so zu gestalten, dass er besser zu den eigenen Stärken und Bedürfnissen passt. Hier setzt Job Crafting an: ein Ansatz, der es ermöglicht, den eigenen Aufgabenbereich durch kleine, gezielte Anpassungen so zu verändern, dass Arbeit wieder Freude macht.

Kürzlich trafen wir eine Bekannte, die uns von ihren Herausforderungen als Assistentin eines Bereichsleiters in einem internationalen Unternehmen erzählte. Sie liebt ihre Arbeit, aber seit einigen Jahren ist sie auch in die Budgetplanung involviert, was sie viel Energie kostet und ihr schlaflose Nächte bereitet. Da sie organisatorisch stark ist, jedoch wenig mit Zahlen anfangen kann, hatte sie bereits versucht, diese Aufgabe abzugeben. Doch organisatorische Hürden ließen das nicht zu. Um den Energieaufwand zu minimieren, hat sie dennoch einige Schritte unternommen, die zeigen, wie Job Crafting funktionieren kann.

Sie analysierte ihre Stärken und Schwächen und sprach mit ihrem Vorgesetzten über die Herausforderung. Schließlich setzte sie ihre organisatorische Stärke ein, um für die Abteilungen eine klare Struktur sowie ein vorgegebenes Format zu entwickeln, was die Abgabe der benötigten Zahlen erleichtern sollte. Dieses Format führte sie zusammen mit ihrem Chef in einem Kickoff-Meeting offiziell ein. Während dem Kick-Off konnten auch Fragen und Schwierigkeiten seitens der Abteilungen geklärt werden. Durch diese Maßnahmen konnte sie nicht nur ihre Arbeitslast mindern, sondern auch die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit reibungsloser gestalten.

Das ist nur ein Beispiel, wie Job Crafting aussehen kann. In diesem Artikel zeigen wir, wie auch Sie durch Job Crafting Ihren Arbeitsalltag schrittweise verändern und dadurch die Qualität Ihrer Arbeitserfahrungen steigern können.

Job Crafting: Warum wir unsere Jobs verändern wollen

Job Crafting - oder auf Deutsch Arbeitsgestaltung - ist ein natürlicher Prozess, der in unserem Leben eine zentrale Rolle spielt. Die menschliche Neigung, unsere Lebensumstände stetig verbessern zu wollen, begleitet uns seit jeher. In der Evolution streben Organismen danach, sich an verändernde Bedingungen anzupassen, um ihre Überlebenschancen zu erhöhen. Dieses evolutionäre Prinzip spiegelt sich auch in unserer inneren Fähigkeit wider, uns an externe Gegebenheiten anzupassen und zu analysieren, warum unsere Arbeit in einem bestimmten Moment sinnvoll ist. Es ist wichtig zu erkennen, dass sich diese Wahrnehmung im Laufe der Zeit verändern kann.

Die externe Dimension des Job Crafting spricht unsere Motivation an, den Arbeitskontext so zu gestalten, dass wir uns wohler fühlen. Verbesserungen in diesem Bereich können sich sowohl positiv auf unsere Leistung als auch auf unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden und unsere zwischenmenschlichen Beziehungen auswirken. Job Crafting umfasst somit alle Ansätze und Strategien, mit denen wir unsere Arbeit bewusst so gestalten können, dass sie unseren Bedürfnissen und Wünschen besser entspricht.

Job Crafting verstehen: Unsere inneren Bedürfnisse als Gestaltungsfaktor

Job Crafting liegen verschiedene Bedürfnisse zugrunde, die sich unterschiedlich auswirken. Zum einen geht es dabei um das Kohärenzgefühl, das von Aaron Antonovsky geprägt wurde. Er beschreibt den Zustand oder die Motivation, die den Menschen antreibt, das Leben als verstehbar, handhabbar und sinnvoll zu gestalten. Ein weiteres wichtiges Grundbedürfnis ist das Bedürfnis nach Bindung und Zugehörigkeit, das auch in der Glücksforschung immer wieder im Fokus steht. Es beschreibt, dass es für die Gesundheit und das Glücksempfinden der Menschen wichtig ist, soziale Kontakte zu pflegen.

Das Bedürfnis nach Kontrolle und Kompetenz hingegen beschreibt den Wunsch der Menschen, ihr Leben so zu beeinflussen, dass sie ihre Werte und Ziele verfolgen können. Wenn uns das gelingt, empfinden wir ein Gefühl, das mit jenem Teil des Kohärenzgefühls verwandt ist, der die Handhabbarkeit umschreibt.

Das letzte Bedürfnis in diesem Kontext ist das Streben nach einem positiven Selbstbild. Wir alle entwickeln ein Bild von uns selbst. Wir fragen uns, wer wir sind, was unsere Stärken sind, und wir Menschen sehnen uns danach, positiv wahrgenommen zu werden und wertvoll zu sein. Diese Sehnsucht treibt uns an, unser Selbstbild zu stärken und unseren Selbstwert zu steigern, was natürlich einer ewigen Spirale gleichkommt. Denn in unserer Entwicklung wird sich auch unsere Erwartung an uns selbst immer weiter verändern.

Wie Job Crafting Mehrwert stiftet

Das Wissen über Job Crafting ist besonders spannend für jene Mitarbeitenden, die merken, dass ihre Arbeit sie unzufrieden macht, erschöpft oder genervt zurücklässt und die bereit sind, etwas zu verändern. Job Crafting bietet ihnen Möglichkeiten, die Arbeits- und Beziehungsgestaltung selbst in die Hand zu nehmen, um Zufriedenheit, Engagement und Leistung zu steigern.

Angesichts des Fachkräftemangels und der Suche nach motivierten Mitarbeitenden ist das Verständnis von Job Crafting auch für HR-Fachkräfte von großer Bedeutung. Durch gezielte Anpassungen können HR-Verantwortliche nicht nur Stellenprofile attraktiver gestalten, sondern auch die individuellen Stärken und Bedürfnisse von Mitarbeitenden besser berücksichtigen, was zu höherer Mitarbeiterbindung und reduzierten Fluktuationsraten führen kann. Ein solcher Ansatz fördert zudem ein gesundes Arbeitsumfeld, in dem Mitarbeitende die Freiheit haben, ihre Rollen zu formen, was das Unternehmensimage stärkt und eine positive Unternehmenskultur unterstützt.

Für Führungskräfte ist Job Crafting von zentralem Wert, weil es ihnen hilft, die Zusammenarbeit in ihren Teams zu stärken und Mitarbeitende individuell zu fördern. Wenn Mitarbeitende ihren Arbeitsbereich an ihre Stärken und Bedürfnisse anpassen können, führt dies oft zu einer produktiveren und harmonischeren Teamdynamik. Führungskräfte, die Job Crafting nicht nur aktiv unterstützen, sondern auch vorleben, tragen dazu bei, das Potenzial und die Motivation ihrer Teams zu steigern und das allgemeine Arbeitsklima nachhaltig zu verbessern.

Job Crafting konkret: Fünf praktische Schritte für den Arbeitsalltag

Nachdem wir die Bedeutung und die Vorteile von Job Crafting beleuchtet haben, geht es nun um die konkrete Umsetzung. Hier sind einige Schritte, mit denen Sie Job Crafting gezielt anwenden und Veränderungen einleiten können, die Ihnen helfen, Ihre Arbeit besser mit Ihren individuellen Bedürfnissen in Einklang zu bringen.

  • Schritt 1: "Ein Blick auf die innere Balance": Machen Sie sich Ihre Stärken, Fähigkeiten und Talente bewusst. Bei welchen Arbeiten kommen diese zum Tragen und welche Aufgaben machen Sie nicht gerne? Überlegen Sie sich aber auch, welche der beschriebenen Grundbedürfnisse aktuell befriedigt sind und welche eventuell gerade zu kurz kommen.
  • Schritt 2: "Wo drückt der Schuh am stärksten?": Überlegen Sie sich, welchen Aspekt Ihrer Arbeit Sie verändern müssten, damit der größte Leidensdruck wegfallen würde. Alternativ können Sie sich auch fragen, mit welcher Veränderung Sie am schnellsten mehr Wohlbefinden erfahren könnten. Was kostet Sie (zu) viel Energie? Welche Gedanken im Zusammenhang mit Ihrer Arbeit belasten Sie am stärksten? Das kann einen inhaltlichen Teil Ihrer Arbeit oder eine Arbeitsbeziehung betreffen.
  • Schritt 3: "Was packe ich an?": Picken Sie sich nun den Aspekt Ihrer Arbeit heraus, den Sie verändern möchten. Wie genau möchten Sie diese anpassen? Was soll in Zukunft anders sein? Was wäre ein erster logischer Schritt in diese Richtung? Halten Sie Ihr Ziel - und seine verschiedenen Etappen - schriftlich fest.
  • Schritt 4: "Wer wird von Ihren Entscheidungen berührt?": Wir leben in einer komplexen Welt und sind stark mit anderen Menschen verbunden. Verändern wir etwas in unserem Leben, hat das möglicherweise auch Auswirkungen auf andere. Überlegen Sie sich deshalb, welche Personen von Ihrer Veränderung betroffen sein könnten. Gibt es Menschen, die Sie über Ihr Vorhaben informieren müssten?
  • Schritt 5: "Schauen Sie regelmäßig zurück und feiern Sie Ihre Erfolge": Reservieren Sie in Ihrer Agenda bewusst Zeit für Reflexion und überprüfen Sie Ihre Fortschritte. Welche besonderen Erfolge haben Sie auf Ihrem Weg bereits erlebt? Nehmen Sie sich Zeit, diese zu feiern. Möglicherweise traten aber auch unerwartete Schwierigkeiten auf. Überlegen Sie, wie Sie diese Hürden überwinden können, und ziehen Sie bei Bedarf eine vertraute Person für einen Austausch hinzu.

Nehmen Sie sich nicht zu viel auf einmal vor. Im Job-Crafting-Prozess ist es wesentlich, einen kleinen Schritt nach dem anderen zu gehen und dabei geduldig und beharrlich zu bleiben, anstatt hastig vorauszueilen. Sobald Sie die erste Anpassung erfolgreich umgesetzt und in Ihren Arbeitsalltag integriert haben, können Sie sich dem nächsten Schritt widmen. So vermeiden Sie, dass Sie Ihren Veränderungsplan vorschnell aufgeben. Denken Sie immer daran: Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut.


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